Mamma        SF-Stories        Home

  Der Stoff des Klappstuhls gab unter seinem Gewicht nach, als Luigis massiger Körper in sich zusammen sank, während er über das Wasser starrte. Ein Windhauch bewegte das Schilf. Fischreiher standen in den Nebelbänken, Krähen krächzten auf den Äckern.
Die Pose zuckte. Luigi riss die Angel hoch. Nichts. Er warf sie wieder aus. Ihn fröstelte. Sie hatten den ersten März, und es war zu kalt am Fluss, doch Carlo, sein Bruder wartete zu Hause darauf, dass Mamma mit der Rente vom Postamt kam. Es war einer der Momente, an denen Luigi angeln ging. Er konnte so was nicht, ihr das Geld abnehmen, und er brauchte das nicht, hielt sich als Maurer über Wasser. Wenn ihn die Verzweiflung packte, und Carlo ihm nichts von Mammas Rente abgab.
  Der Nebel vom anderen Ufer umhüllte ihn mit klammen Fingern. Äcker, Reiher, Fluss und Schilf lösten sich in weißen Dunst auf. Luigi hörte etwas brummen, dann dachte an zu Hause und wartete, bis sich der Nebel verzog.
  "Wo kommst denn du her!". Die Stimme hatte einen fremden Akzent und kam vom anderen Ufer. Luigi sah, dies war nicht sein Fluss. Dieser war breiter, viel breiter. Kleine Inseln mit rotblättrigen Bäumen, die sich im Wasser spiegelten. Vier grüngefiederte Schwingen, mit denen Vögel von Insel zu Insel flogen, und Luigi erschrak.
  "Wo kommst denn du her!" Luigi blickte gegen das bläuliche Licht der Sonne und wurde bleich im Gesicht, als er zwei Monde, perlmutterfarben, opalisierend, am Horizont entdeckte. Am anderen Ufer sah er den dunklen Umriss eines Mannes.
  "Ich bin Luigi aus Buona Compra."
  "Ich bin Zehn. Bist du registriert?"
  "Was heißt das?"
  "Dort ist eine Brücke." Luigis Blick folgte dem ausgestreckten Arm des Mannes.
  "Komm rüber."
  Die Furcht ließ ihn nicht aus ihren Klauen. Wo bin ich, fragte er sich, als er über die Brücke ging, und er blickte auf die Vögel mit den grünen Flügeln über dem träg dahinfließenden Gewässer. Wo bin ich? Äcker und Fischreiher waren verschwunden. Eine rostbraune Steppe dehnte sich bis zum Horizont, hin zu einer Bergkette. Häuser kauerten vor deren Ausläufern. Braune Echsen flüchteten aus silbrigen und schwarzen Gräsern und verschwanden hinter dornigen Sträuchern und Disteln.
  

soweit die Leseprobe. Weiteres in der Anthologie 'Walfred Goreng'. 

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