Das Jahr des hl. Paulus



    Vom 28. Juni 2008, Vorabend des Festes von Peter und Paul, bis zum  29. Juni 2009 feiert Rom des Jahr des hl. Paulus.

Man nimmt an, das Paulus zwischen  7 und 10 nach Christus geboren wurde, und zwar in Tasrsus,  einer Stadt in der römischen Provinz Cilizien, der heutigen südöstlichen Türkei. Er entstammte sicherlich einer angesehenen jüdischen Familie. Sein Vater besass das römische  Bürgerrecht, das auch Paulus erbte, und ermöglichte seinem Sohn eine gute Ausbildung. Paulus entschied sich schliesslich für eine theoligische Laufbahn in einer angesehenen Schule der Pharisäer. Als Anhöriger der strengen Orthodoxie hielt er das junge Christentum für eine gefährliche Irrlehre, die man rigoros ausmerzen musste. Umso wunderbarer musste den Christen seine unerklärliche Bekehrung  zu Christus erscheinen. Sie hatten zunächst Schwierigkeigten, die Geschichte von der Vision bei Damaskus  zu glauben und dem neuen Menschen, der sich jetzt Paulus nannte, zu trauen.
Sie lernten ihn nach und nach kennen. Die Schwierigkeiten, ihn zu verstehen blieben, denn dieser Paulus hatte eine Vision Jesu, die andersartig war als die der Jerusalemer Apostelgruppe. und der Christen aus der jüdischen Tradition. Zwar bestand Paulus darauf, das von ihm verkündete Evanglium ständig und genau mit dem Evangelium der "Zwölf" abzustimmen und ihrer Zustimmung zu unterwerfen. Aber mit gleicher Insistenz bestand er darauf, seine Vision als "sein" Evangelium zu verteidigen. Dabei ging es ihm um etwas sehr Präzises und Zentrales: statt Observanz und Gebotehalten gibt es jetzt, seit Jesus Christus, nur eines: Glaubensannahme, wie ein Kind, das mit seinem ganzen Sein und als seine einzig mögliche Lebensäusserung die dargebotene Elternliebe annimmt. Es geht um die totale Ungeschuldetheit und Unverdientheit der  reinen Gnade. All das lehnen auch die anderen Apostel nicht ab, aber sie möchten, wie Petrus, gern noch etwas "dazu tun", sie können die radikale Relativierung des Gesetzes mit seinen Religionsvorschriften nicht ganz konsequent durchführen. Für Paulus ist hier ein theologaler Einschnitt: nicht mehr Tempel, nicht mehr Beschneidung, nicht mehr heilige reine Spesisen, heilige Zeiten und Orte, sondern nur noch der Sohn, und zwar der gekreuzigte, der sich mit seinem Abba-Vater  bis zum Letzten identifiziert. Und wenn Petrus da zaudert und aus falscher Rücksicht tut, als halte er noch an Speisegeboten fest, ist Paulus unerbittlich und  polemisch. Er "widersteht dem Petrus ins Angesicht", nicht aus Rechthaberei, sondern wegen des Evangeliums, wegen der Reinheit der Gnade, wegen des gekreuzigten Sohnes. Es war ein schwerer Lernprozess, den dieser Paulus der frühen judenchristlichen Gemeinde aufbürdete, aber auch Petrus, die Zwölf, die Säulen der Gemeinden spürten, dass die Sonne der Wahrheit durch diese sperrigen Worte des Paulus leuchtete, und sie gingen mit in diese Richtung.

Peter&Paul

Aber die Juden hassten ihn wegen seiner Relativierung der mosaischen Religionsgesetze. Der Jude mit dem römischen Bürgerrecht appellierte selbstbewusst an den Kaiser und wurde nach Rom gebracht, wo er viele römische Christen wiedertraf, denen er auf seinen Missionsreise begegnet war. Wie es dann weiterging, weiss man nicht genau. Jedenfalls kehrte er nach weiteren Missionsreisen nach Rom zurück und wurde dort, wie Petrus, von der  Anklage des Kaisers Nero überrascht, der die Christen der Brandstiftung anklagte. Paulus, der römischer Bürger war, wurde an einer Hinrichtungsstätte, die die Tradition bei dem  melancholisch stillen Tre Fontane an der Via Laurentina ansetzt, mit dem Schwert enthauptet. Die christliche Gemeinde erbat den Leichnam von den Justizbehörden und bestattete ihn in der nahen Nekropole an der  Via Ostiensis. Wie das Grab des Petrus und der vielen anderen Märtyrer war das Grab des Paulus Ort regelmässiger Gedächtnisfeiern der Gemeinde. Schlieslich errichtete Kaiser Konstantin über diesem Teil der Nekropole eine Basilika zur Grabesverehrung, "St. Paul vor den Mauern", während gleichzeitig die Gemeindehalle des Bischofs von Rom innerhalb der Stadtmauern aber im Aussenbezirk der Stadt am Lateran gebaut wurde: die Mauern konnten Rom auf Dauer nicht sichern, die Lateransbasilika und der Ernst des Petrus und die Freiheit des Paulus hatten die Kraft, die anstürmenden Germanenvölker zu integrieren.



Lateranbasilika